Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz
Gemeindehaus Ludwigshafen
Otto-Stabel-Str. 4
67061 Ludwigshafen
In Ludwigshafen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts zurück.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt: 1845 14 jüdische Einwohner (in zwei Familien), 1850 – 91, 1855 – 107, 1871 – 181, 1875 – 200,
1880 – 210, 1885 – 271, 1895 – 401, 1900 – 505, 1905 – 608, 1910 – 754.
Offizielles Gründungsjahr der Gemeinde war 1855.
Die Integration der jüdischen Einwohner im allgemeinen Leben der Stadt war im Blick auf die aus den näheren und weiteren Umgebung der Stadt zuziehenden Familien völlig unproblematisch. Bereits 1860 wurde ein jüdischer Einwohner in den Gemeinderat gewählt. Jüdische Einwohner eröffneten zahlreiche Gewerbebetriebe und Fabriken in der Stadt. Schwieriger war teilweise die Integration der nach Ludwigshafen zuziehenden relativ vielen osteuropäischen Juden.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere eine Synagoge, eine Religionsschule (von 1856 bis 1870 eine Israelitische Elementarschule) und einen Friedhof. Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde viele Mitglieder.
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg vergrößerte sich die jüdische Einwohnerschaft Ludwigshafens nochmals sehr stark durch Zuwanderung aus osteuropäischen Ländern.
1925, als zur Gemeinde 1.211 Personen gehörten (1,3 % der Gesamteinwohnerschaft von etwa 100.000 Einwohnern).
An der Religionsschule der Gemeinde erhielten 81 Kinder ihren Religionsunterricht; an den öffentlichen Schulen wurde gleichfalls Religionsunterricht erteilt.
An jüdischen Vereinen gab es insbesondere den Israelitischen Lokalarmenverein, den Israelitischen Krankenunterstützungsverein (Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen), den Israelitischen Frauenverein (Unterstützung Hilfsbedürftiger und Kranker; Unterkunft für Frauen und Mädchen), die Ortsstelle des Central-Vereins, der Jüdische Kulturverein und eine Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten.
An Stiftungen gab es vor allem die Arthur und Käthe Netterstiftung: Beschenkung hilfsbedürftiger Kinder zu Chanukkah).
Die Gemeinde unterhielt ein Cheder (Lernstube); der Jüdische Kultusverein hatte eine Bibliothek für die Gemeinde eingerichtet. 1932 gab es zur Koordinierung der Wohlfahrtspflege eine Örtliche Zentrale für jüdische Wohlfahrtspflege.
1924 gehörten auch drei in Oggersheim lebende jüdische Personen zur Gemeinde in Ludwigshafen. 1925 schloss sich die Synagogengemeinde Rheingönheim der Ludwigshafener Gemeinde an.
Im Schuljahr 1931/32 erhielten insgesamt 170 Kinder der Gemeinde Religionsunterricht.
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 1.070 Personen) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Bis 1. Januar 1937 war die Zahl der jüdischen Einwohner – obwohl noch Familien aus kleineren Landgemeinden zugezogen waren – auf 772 zurückgegangen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge in Brand gesteckt, jüdische Wohnungen und Geschäfte überfallen, teilweise völlig demoliert, jüdische Männer in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Jüdische Frauen und Kinder wurden über den Rhein nach Mannheim verbracht mit der Mahnung, nie wieder nach Ludwigshafen zurückzukehren. Zwei Wochen später konnten sie zurückkehren. Ab Mai 1939 wurden die verbliebenen jüdischen Einwohner in sog. „Judenhäuser“ einquartiert. Die letzten 183 jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 in das Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich verbracht.
Im Von den in Ludwigshafen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen. Die in der NS-Zeit umgekommen sind in den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945“ angegeben.